Deutschland

Cicero legt nach: "Habeck verstrickt sich in eigenen Märchen"

Die sogenannten "AKW-Files", ausgehend von freigeklagten Unterlagen aus dem Bundeswirtschaftsministerium, beschäftigen Politik und Medien. Der grüne Minister will keinerlei Fehler seines Ministeriums erkennen. Doch das Magazin Cicero legt nun nach.

Das monatlich erscheinende Politmagazin Cicero veröffentlichte am 24. April einen Artikel, der sich mit den von der Redaktion freigeklagten "Atomkraft-Akten" aus dem Bundeswirtschaftsministerium beschäftigt (Bezahlschranke). Einleitend lautet die Unterstellung an das von Robert Habeck geführte Ministerium:

"Wie Strippenzieher der Grünen 2022 die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke manipuliert haben."

In einem aktuellen Artikel stellt die Cicero-Redaktion nun fest, dass die "öffentliche Resonanz auf unsere Berichterstattung deutlich heftiger ausgefallen ist, als man das im Führungszirkel des Vizekanzlers wohl erwartet hatte" (Bezahlschranke). Erneut konfrontiert Cicero den Grünen-Politiker daher mit darlegenden Fakten.

Das politische Berlin reagierte individuell verschnupft auf die medial breit kommentierten Inhalte der "AKW-Files". Das betroffene Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) konnte demnach die vorliegende "Empörung" und "Aufregung" nur bedingt nachvollziehen. Die Opposition forderte und erhielt zwei themenbezogene Untersuchungsausschüsse, die im aktuellen Cicero-Artikel mit Blick auf das Auftreten des Protagonisten Robert Habeck kritisch kommentiert werden. 

"Es lässt sich nicht erklären, weshalb der Minister im Ausschuss Dinge erzählte, die weder der Wirklichkeit entsprechen noch dem, was seine eigene Pressestelle vorher uns gegenüber als offizielle Auskunft gegeben hatte. Habecks Auftreten vor Journalisten und den Ausschussmitgliedern wirkte betont locker und gut gelaunt."

Habecks Agieren vor den Teilnehmern der Ausschüsse vermittelte demnach den Eindruck, dass er "die Vorwürfe der Opposition und aus Teilen des Koalitionspartners FDP an sich abperlen lassen wollte." Das Resümee lautet demaskierend:

"Doch was Robert Habeck inhaltlich in dieser Sitzung zu bieten hatte, war dermaßen widersprüchlich und zum Teil schlicht falsch, dass der Eindruck entstand: Hier verstrickt sich ein Geschichtenerzähler in seine eigenen Märchen. Statt einzuräumen, dass seine Entscheidung gegen einen Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke eine rein politische Entscheidung war, die er aus Rücksicht auf das Anti-Atom-Erbe seiner Partei sich nicht anders zu treffen getraut hatte, schob er den Schwarzen Peter den Betreibern zu."

Habeck behauptet argumentativ, dass die Anbieter RWE, E.on und EnBW ihm im Frühjahr 2022 mitgeteilt hätten, dass die "vorhandenen Brennelemente nur noch bis Jahresende ausreichten und die Beschaffung neuer Brennelemente anderthalb Jahre dauern würde." Daher hätten die Energieprofis dem BMWK – und damit Habeck – mitgeteilt, dass "eine Laufzeitverlängerung nicht möglich sei."

Die Cicero-Redaktion kann jedoch anhand der vorliegenden Unterlagen, der "AKW-Files", belegen, dass in den von Habeck dargelegten Mitteilungen der Anbieter "nichts davon steht, dass eine Laufzeitverlängerung nicht möglich sei." Weiter heißt es, dass die Betreiber allerdings unmissverständlich klarstellten, dass es "einer schnellen politischen Entscheidung bedürfe, um diese [die Fortführung der AKWs] möglich zu machen." Der Cicero-Artikel belegt und zitiert anhand der Unterlagen:

"Am deutlichsten wird der baden-württembergische Energieversorger EnBW: 'Unterstützung der Versorgungssicherheit mit Kernenergie in den Wintern durchgängig möglich', steht als umrandetes und farbig hervorgehobenes Fazit auf dessen Papier vom 2. März 2022. Angemahnt werden dafür aber 'sehr zeitnah einige zentrale Entscheidungen'."

Bekannterweise entschied sich Habeck final gegen die deutschen AKW-Betreiber. Der Vorschlag zugunsten der deutschen Wirtschaft lautete seitens EnBW in dem Schreiben an das BMWK:

"Die Kraftwerksleistung im Sommer und Herbst (wenn viel Strom aus Photovoltaik und Windkraft zur Verfügung steht) zu drosseln, um mit den vorhandenen Brennelementen über den Winter 2022/2023 hinweg mehr Strom produzieren zu können. Und gleichzeitig sofort neue Brennelemente bestellen, damit diese für den Winter 2023/2024 zur Verfügung stehen."

Des Weiteren teilte das Unternehmen nachweislich nicht die Einschätzung von Minister Habeck, dass ein Weiterbetrieb von AKWs "über Ende 2022 hinaus nur unter höchsten Sicherheitsbedenken möglich sei." Dies hatte der Vizekanzler kurz nach Beginn des Ukrainekriegs im Februar 2022 in einem Fernsehinterview gesagt "und sich dabei auf angebliche Aussagen der Betreiber berufen." Eine Lüge oder eine Fehlinterpretation? In einem Schreiben an die Regierung, "das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war", stellte der Energiekonzern laut "AKW-Files" klar:

"Die Anlagen befinden sich, auch im internationalen Vergleich, auf höchstem sicherheitstechnischen Niveau. Der Weiterbetrieb könnte daher auf diesem hohen sicherheitstechnischen Status quo erfolgen."

Der Cicero-Artikel erinnert dabei an die parallele Tatsache, dass das Unternehmen EnBW "in öffentlicher Hand ist und von der Grünen-geführten baden-württembergischen Landesregierung eng kontrolliert wird." Ein erstes Fazit lautet daher in dem Artikel:

"Dass die lange Beschaffungsdauer neuer Brennelemente ein unüberwindbares Hindernis für eine richtige Laufzeitverlängerung um mehrere Jahre gewesen wäre, wie es Robert Habeck nun wieder behauptet hat, ist falsch." 

So habe es sogar BMWK-intern Überlegungen gegeben, wie verantwortliche Mitarbeiter "rechtzeitig bis zum Winter neue Brennelemente besorgen" könnten. Dies wiederum belegt durch einen "Vorschlag", den ein Fachbeamter "des inzwischen aufgelösten Kernenergie-Referats II A 6 am 9. März 2022 seinem Vorgesetzten – dem eigens durch Habeck im Dezember 2021 platzierten Christian Maaß – machte."

Der Nuklearfachmann schlug Maaß nachweislich vor, sich doch ruhig an die französischen Kollegen wenden zu können. In dem zitierten E-Mail-Wechsel heißt es:

"Die sollten für ihre 58 Reaktoren doch für deren laufenden Betrieb auch eine gewisse Reserve an fertigen Brennelementen vorhalten. Die bräuchten nicht erst gefertigt werden, vielleicht können wir die auch in den deutschen AKW einsetzen, und zwar kurzfristig, noch rechtzeitig vor dem kommenden Winter 22/23."

Die kurze, aber prägnant wegweisende Antwort auf den Vorschlag lautete:

"[...] keine weiteren Aktivitäten in Richtung Brennelementebeschaffung aus unserem Haus nötig."

Zur Personalie Christian Maaß informierte und titelte Business Insider im Mai 2023:

"12.000-Euro-Job ohne Ausschreibung: Habeck holte Graichen-Berater und Grünen-Vordenker für Heizungsgesetz als Abteilungsleiter in sein Ministerium."

Der Cicero-Artikel gibt dabei zu bedenken, dass im Nachhinein nicht abschließend nachweisbar ist, "ob der Vorschlag, beim französischen Atomkonzern EdF nach Brennelementen zu fragen, tatsächlich Aussicht auf Erfolg gehabt hätte." Die "AKW-Files" würden demgegenüber aber eindeutig belegen:

"Die von Robert Habeck eingestellten Spitzenbeamten der Grünen haben ihre neu gewonnene Macht dafür genutzt, um eine Laufzeitverlängerung mit allen Mitteln zu verhindern." 

Daher stelle sich die dringende Frage, auch für kommende Ausschüsse, welche wirkliche Rolle Habecks Energie-Staatssekretär Patrick Graichen innehatte. Nach dem finalen Ende vom 15. März 2023, dem Aus der letzten deutschen AKWs, musste der ominöse, aber machtvolle Graichen rund acht Wochen später, im Mai 2023, im Rahmen der sogenannten "Trauzeugen-Affäre" seine Posten räumen. Der Cicero-Artikel informiert nun für Habeck argumentativ wenig dienlich:

"Einen brisanten Vermerk aus Habecks Strom-Abteilung, in dem sich die hauseigenen Fachleute für Strommarkt und Versorgungssicherheit dafür aussprechen, die Atomkraftwerke zumindest im Winter länger laufen zu lassen, soll Graichen vor Habeck geheim gehalten haben. So teilte es zumindest die Pressestelle des Bundeswirtschaftsministeriums auf unsere Anfrage hin am 9. April unmissverständlich mit: Der Vermerk 'lag in der Leitungsebene nur Staatssekretär Patrick Graichen vor.'"

Habeck gab am 26. April vor dem Ausschuss in Berlin zu, dass ihm diesbezügliche Details und Inhalte "erst seit gestern" bekannt seien. Den Namen Graichen wollte er dabei "nicht in den Mund nehmen". Das Magazin resümiert:

"Also seit dem Erscheinungstag unserer neuen Ausgabe. 'Habecks Geheimakten' [Titel des Artikels zu den AKW-Files"] müssen demnach so geheim gewesen sein, dass er sie selbst erst in Cicero gelesen hat."

Die Habeck-Pressestelle beantwortete eine Bitte um Bestätigung von Darlegungen, "wann Habeck den Vermerk gelesen habe", mit der Feststellung, dies sei "irrelevant".

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