Deutschland

"Ich bin keine Lobbyistin" – Strack-Zimmermann im Interview für Jung&Naiv

Die FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses macht sich regelmäßig stark für die Aufrüstung der Bundeswehr und Waffenlieferungen an Kiew. Eine Lobbyistin der Waffenindustrie will sie dennoch nicht sein – trotz ihrer Mitgliedschaft in entsprechenden Vereinen.
Strack-ZimmermannQuelle: www.globallookpress.com © Sophie Brössler/dpa

Die Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat sich im Interview mit Tilo Jung zu den Vorwürfen geäußert, sie sei eine Lobbyistin der deutschen Rüstungsindustrie. Strack-Zimmermann ist im Präsidium des Förderkreises Deutsches Heer (FKH) tätig und Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT), für die sie bis Mai 2023 ebenfalls im Präsidium saß.

Laut Lobbycontrol handelt es sich bei den Vereinen um zwei der wichtigsten Lobby-Verbände der deutschen Rüstungsindustrie. Ein Gehalt erhält bzw. erhielt Strack-Zimmermann für ihre Tätigkeit als Präsidiumsmitglied nicht. Da Strack-Zimmermann jedoch auch den Vorsitz im Verteidigungsausschuss im Bundestag innehabe, würde die Rüstungsindustrie über "sehr enge und privilegierte Zugänge ins Parlament verfügen", kritisierte Lobbycontrol bereits im vergangenen Jahr.

Austeilen, aber nicht einstecken

Obwohl Strack-Zimmermanns energischer Einsatz für die Aufrüstung der Bundeswehr oder Waffenlieferungen an Kiew genau das vermuten lässt, wehrt sie sich gegen die Bezeichnung als Lobbyistin.

Dies ging bereits so weit, dass Strack-Zimmermann rechtlich gegen einen Artikel der Berliner Zeitung von Ende April vorging. Der Autor hatte Strack-Zimmermann in die Nähe der deutschen Waffenschmiede Rheinmetall gerückt.

Als Strack-Zimmermann intervenierte, löschte die Berliner Zeitung den Absatz von ihrer Webseite.

Laut Angaben von Business Insider soll Strack-Zimmermann zudem rund 250 Strafanzeigen pro Monat stellen, eine Reaktion auf die Flut von Briefen, E-Mails und Kommentaren in sozialen Medien mit verbalen Angriffen wie Hitler-Vergleichen oder Beschimpfungen.

Strack-Zimmermann: "Russland ist böse"

Strack-Zimmermann selbst scheint vor Hitler-Vergleichen nicht zurückzuschrecken. Im Gespräch im Tilo Jung wird Strack-Zimermann auf eine Äußerung angesprochen, wonach die Bundeswehr mit Blick auf Konflikte mit China, Russland und dem Iran ein Feindbild brauche. Gegenüber Jung verteidigte Strack-Zimmermann ihre Formulierung, relativierte sie aber auch.

Es gehe um Szenarien der Gefahrenabwehr. Aus dieser Sicht würden Strategien entwickelt, Geld in die Hand genommen und Dinge gekauft, um sich zu schützen, so Strack-Zimmermann.

Da sich ein Feindbild von einem realen Feind eben durch seine Bildhaftigkeit unterscheidet, hat Strack-Zimmermann an der Stelle offensichtlich Schwierigkeiten, sich zu artikulieren. Ein Feindbild ist die Vorstellung von einem Gegenüber und in der Regel emotional aufgeladen. Es kann real sein, muss es aber nicht.

Ob Strack-Zimmermann tatsächlich Russland als Land für böse halte, will daher Jung wissen. "Die russische Regierung ist böse, könnte man sagen." Darauf Strack-Zimmermann: "Du willst damit sagen, dass Adolf Hitler der Böse war und das deutsche Volk hat liebevoll danebengesessen?" 

Das Lamm Gottes in Person

So böse wie Strack-Zimmermann ihr Feindbild hält, so gut ist aus ihrer Sicht die deutsche Waffenindustrie. Eine Lobbyistin sei sie aber nicht, wie Strack-Zimmermann gegenüber Jung beteuert. Lobbyismus heiße, sich für das Produkt einer Firma einzusetzen, indem man Einfluss auf die Gesetzgebung nimmt.

Der Verteidigungsausschuss mache aber keine Gesetze, was nicht einmal nach Strack-Zimmermanns eigener Definition die Voraussetzung für Lobbyismus wäre. Auf Nachfrage bestreitet Strack-Zimmermann ebenso, dass der Verteidigungsausschuss Einfluss auf die Gesetzgebung habe.

Das ist jedoch nicht richtig. Wie Strack-Zimmermann selbst noch zu Beginn des Interviews mit Jung sagte, ist sie als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag für den Ablauf verantwortlich und führt die Sitzungen. Zudem kann sie die Tagesordnung mitbestimmen und auch Gäste einladen, ein Recht, von dem Strack-Zimmermann, die bereits den Bundeskanzler, die Innenministerin und die Außenministerin einlud, offenbar auch regen Gebrauch macht.

Erst auf Nachfragen räumt Strack-Zimmermann ein, dass in ihrem Ausschuss über die Höhe der Verteidigungsetats geredet wird, "aber nicht, wo es hingeht".

"Wir bekommen dann Vorlagen: Es wird eingekauft. A, B oder C. Dann entscheiden wir."

Als Jung auf das Offensichtliche hinweist, dass natürlich die Rüstungsindustrie von militärischen Großprojekten wie dem Kauf der Luftabwehrsysteme Arrow 3 und Iris-T profitiert, für den der Haushaltsausschuss und der Verteidigungsausschuss am Mittwoch stimmten, streitet Strack-Zimmermann auch das ab. Die Einzigen, die von den Waffenkäufen profitierten, seien "die Menschen in diesem Land".

"Ich lobbyiere dafür, dass Menschen in Deutschland leben und, wenn sie angegriffen werden, geschützt werden."

Waffen als Ausdruck von Menschlichkeit und Nächstenliebe? Das klingt doch exakt nach dem, was ein Lobbyist der Rüstungsindustrie sagen würde.

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